Es gibt ja diese Filme, die man nie vergisst. Für mich war „Die Farbe Lila“ so ein Erlebnis, damals im August ’86 im Schauburg Kino in Neuwied, wo ich als junger Filmfan praktisch jedes Wochenende verbrachte. Steven Spielbergs Adaption von Alice Walkers Pulitzer-Preisträger kam mit einiger Verspätung in die deutschen Kinos und brachte mich dazu, den Originaltitel „The Color Purple“ mehrmals zu sehen.
📽️ Film-Fakten auf einen Blick:
- 🎬 Originaltitel: The Color Purple
- 📆 Erscheinungsjahr: 1985
- 🎭 Genre: Drama
- ⏱️ Laufzeit: 154 Minuten
- 🔞 FSK: ab 12 Jahren
- 🎞️ Produktion: Warner Bros., Amblin Entertainment
📜 Handlung
„Die Farbe Lila“ erzählt die Geschichte von Celie Harris, einem jungen afroamerikanischen Mädchen im ländlichen Süden der USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nach Jahren des Missbrauchs durch ihren Stiefvater, der ihr zwei Kinder macht und sie dann weggibt, wird die 14-jährige Celie an einen örtlichen Farmer namens „Mister“ (Albert Johnson) verheiratet. In ihrem neuen Zuhause erfährt Celie weiterhin Misshandlung und wird von ihrer geliebten Schwester Nettie getrennt – ihrer einzigen Quelle von Liebe und Unterstützung.
Über vier Jahrzehnte hinweg begleiten wir Celies Entwicklung von einer schüchternen, unterdrückten jungen Frau zu einer Person, die ihre eigene Stärke und Stimme entdeckt. Unterwegs knüpft sie bedeutungsvolle Beziehungen zu starken Frauen wie Sofia (der Frau ihres Stiefsohns) und Shug Avery (einer glamourösen Bluessängerin und Misters langjähriger Geliebten). Durch diese Verbindungen und ihre eigene Widerstandskraft findet Celie allmählich den Mut, für sich selbst einzustehen und trotz der Härten von Rassismus, Sexismus und häuslicher Gewalt, die ihre Zeit prägen, ihren eigenen Weg zu gehen.
Was mich damals besonders berührt hat – neben der brachialen emotionalen Wucht der Geschichte – war die visuelle Poesie, mit der Spielberg diese Geschichte erzählt. Die sanften Schwenks über die Felder, die Art, wie das Licht durch die Bäume fällt und die warmen Goldtöne, die den Film durchziehen… all das steht im krassen Gegensatz zu den oft unerträglichen Momenten, die Celie durchleben muss. Guck emol, wie der Filmemacher hier mit Kontrasten spielt!
Und dann ist da natürlich Whoopi Goldberg in ihrer ersten großen Rolle. Der Blick, mit dem sie dich durch die Leinwand hindurch anschaut… da bleibt einem echt die Spucke weg. Kein Wunder, dass sie dafür den Golden Globe gewonnen hat. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass vor diesem Film kaum jemand die Komikerin kannte, die hier ihr dramatisches Talent so eindrucksvoll unter Beweis stellt.
⭐ Stab & Schauspieler|innen
Neben der herausragenden Besetzung hat Spielberg hier ein Team versammelt, das diesem bewegenden Stoff gerecht wird. Der später elfmal für den Oscar nominierte Film – ohne einen einzigen zu gewinnen, was bis heute als einer der größten Oscar-Skandale gilt – besticht durch seine handwerkliche Brillanz.
Hauptdarsteller & deutsche Synchronsprecher:
Rolle | Schauspieler|in | Deutsche Stimme |
---|---|---|
Celie Harris Johnson | Whoopi Goldberg | Regina Lemnitz |
„Mister“ Albert Johnson | Danny Glover | Uwe Friedrichsen |
Shug Avery | Margaret Avery | |
Sofia | Oprah Winfrey | |
Nettie Harris | Akosua Busia | |
Harpo Johnson | Willard E. Pugh |
Filmstab:
- Regie: Steven Spielberg
- Drehbuch: Menno Meyjes
- Kamera: Allen Daviau
- Musik: Quincy Jones
- Schnitt: Michael Kahn
- Produktionsdesign: J. Michael Riva
Die deutsche Fassung wurde übrigens von der Berliner Synchron GmbH Wenzel Lüdecke erstellt, und nach dem, was ich in einer alten Ausgabe der „Cinema“ gelesen habe, war „Die Farbe Lila“ der erste Film, der mit der damals neuen „geixt“-Technologie aufgenommen wurde. Was mir immer wieder auffällt, wenn ich zwischen Original und Synchronfassung wechsle: Regina Lemnitz schafft es irgendwie, Goldbergs zurückhaltende Intensität perfekt einzufangen – eine Leistung, die bei diesem subtilen Spiel echt schwierig ist.
🎬 Wissenswertes
Dass Spielberg diesen Film überhaupt gedreht hat, grenzt an ein kleines Wunder. Der damals 39-jährige Regisseur, der bis dato hauptsächlich für Blockbuster wie „Jaws“, „E.T.“ und „Indiana Jones“ bekannt war, zögerte anfangs, weil er dachte, seine Kenntnisse über den amerikanischen Süden seien unzureichend. Er sei der Meinung gewesen, ein schwarzer Regisseur sollte das Projekt übernehmen. Produzent Quincy Jones überzeugte ihn schließlich mit der Frage: „Musstest du ein Alien sein, um E.T. zu drehen?“
Alice Walker, die Autorin des Romans, war zunächst auch skeptisch – hat dann aber als Beraterin am Set gearbeitet und die Schauspieler im südlichen afroamerikanischen Dialekt gecoacht. Wenn man bedenkt, wie viel Feinheiten in diesem Dialekt stecken – da habe ich bei der Mainzer Film-AG mal einen Workshop dazu besucht – ist es eigentlich schade, dass man das in der deutschen Fassung nicht richtig transportieren kann.
💡 Verzicht auf Spielbergs übliche Gage
Spielberg verzichtete auf seine übliche Gage von 15 Millionen Dollar und akzeptierte das Minimum der Directors Guild von 40.000 Dollar für das Projekt. Das hat mich echt beeindruckt, als ich’s damals im Filmmagazin „Sprung“ aus Ludwigshafen gelesen hab.
🎭 Authentisches Set-Design
Die Kirche im Film war eine echte 60 Jahre alte Baptistenkapelle, die Stück für Stück von ihrem ursprünglichen Standort auf das Set verlegt wurde. Für Nettie-Szenen in Afrika reiste ein zweites Team unter der Leitung von Frank Marshall nach Kenia, um Aufnahmen in Nairobi und den Massai-Regionen zu drehen.
Während der Produktion wurde übrigens Spielbergs erstes Kind geboren. Beim Dreh der Szene, in der die junge Celie gebärt, wurde Spielberg zur Geburt seines Kindes gerufen. Der Sound des schreienden Babys in dieser Szene ist tatsächlich der Sound von Spielbergs Neugeborenem!
Ich erinnere mich noch an die Diskussionen nach dem Film damals. Damals war der Film ja schon umstritten – viele schwarze Intellektuelle kritisierten Spielberg für die ihrer Meinung nach stereotype Darstellung schwarzer Männer. Wir hatten da in unserer kleinen Gruppe unterschiedliche Meinungen, aber einig waren wir uns, dass der Film trotz seiner Schwächen ein wichtiges Stück Filmgeschichte darstellt.
Meine Bewertung:
🎞️ Für Fans von…
Wer „Die Farbe Lila“ mochte, sollte sich auch diese Filme anschauen:
The Help
Precious
Die Bienenhüterin
Grüne Tomaten
📺 Wo kann ich „Die Farbe Lila“ streamen?
Leider ist „Die Farbe Lila“ derzeit auf keiner der großen Streaming-Plattformen in Deutschland verfügbar – weder bei Netflix, Amazon Prime Video, Disney+, Apple TV+, Sky/WOW noch bei Joyn/Joyn Plus. Doch keine Panik! Der Film kann digital bei Amazon Video, Apple iTunes, Google Play Movies oder im Microsoft Store geliehen oder gekauft werden.
Wer in der Pfalz wohnt und Glück hat, kann den Film manchmal im Union-Studio für Filmkunst in Kaiserslautern im Rahmen von Spielberg-Retrospektiven oder bei den gelegentlichen „Klassiker“-Abenden sehen. Lohnt sich auf jeden Fall, den Film mal auf großer Leinwand zu erleben, da hat er einfach eine ganz andere Wucht als daheim auf’m Sofa.
Hier kannst du dir den deutschen Trailer zu „Die Farbe Lila“ anschauen:
Was denkst du: Hat „Die Farbe Lila“ zu Recht einen Platz in der Filmgeschichte verdient, oder ist der Film heute überholt? Ich finde, seine Botschaft über die Kraft der Schwesterlichkeit und die Stärke, die Menschen trotz schlimmster Unterdrückung entwickeln können, macht ihn heute relevanter denn je.